Hoch spannende Heimfahrt.
Zwei einander unbekannte Frauen auf den Sitzen hinter mir, die sich zwischen Frankfurt-Main-Flughafen-Fernbahnhof und Köln-Messe-Deutz in leicht übersteuerter Lautstärke ihre jeweilige Lebenssituation schildern. Weghören unmöglich.
Bei Shanya, 28, Schauspielschülerin, von einem Spanier entjungfert, danach in weiteren Beziehungen von weiteren Spaniern enttäuscht, ist für alle Umsitzenden ziemlich schnell klar, dass da einiges bei ihr schief gelaufen ist und immer noch schief läuft. Mittlerweile ist sie das Verhältnis eines verheirateten Lehrers mit zwei Kindern, hat aber eine „supi“ Beziehung zu dessen Frau, die ihrerseits Probleme mit ihrem außerehelichen Kopulationsgefährten hat. Alle sind zwar total entspannt unterwegs, aber man merkt der mitteilungsbedürftigen Shanya an, dass da etwas im ihr schlummert, das einfach raus muss. Und ehrlich? Ihre Nachbarin, Emiliy, Medizinstudentin aus Hannover ist da auch keine echte Hilfe. Steckt selbst in einer Krise mit Markus, ihrem ebenfalls studierenden Freund, der nicht von München nach Hannover wechseln will. Ihre Unterstützung für Shanya beschränkt sich auf gelegentlich eingestreute „Aha’s“, „Okay’s“ oder „Ach-so’s“.
Man möchte sie schütteln, die Shanya, das Dumme Ding, um ihr klar zu machen, was für ein Arsch (sorry) ihr Mike ist. Kurzfristig bieten die ernsthaft an einer Lösung Interessierten im Waggon (bis etwa Platz 45) die Bildung eines Stuhlkreises an, was von den beiden Beziehungsgestressten aber empört zurückgewiesen wird.
Shanya muss jetzt sowieso raus. In die S-Bahn zum Haus (nur gemietet) ihres Lovers, der übrigens seit kurzem sein eigenes Bier braut. Im Keller. „Nicht untypisch für die Midlife-Crisis“, wie Emily treffend analysiert. Danach wird’s ruhig im Wagen. Mehr werden wir nie erfahren. Schade eigentlich.