4. Mai 2018
Frühes Ende der Tagung, rein ins sonnige Wochenende
Und dann das: Hektisch rennende Sanitäter, rot-weißes Flatterband, kopfschüttelnde Polizisten, aschfahles Bahnpersonal, eine leere Krankentrage auf dem Bahnsteig
Auf Gleis 6 in Fulda hat sich ein Mensch vor den Zug gestürzt. Kein Blick mehr auf einen wolkenlosen Himmel, auf gelbe Rapsfeldrechtecke, kein Atmen mehr der klaren Luft an diesem sonnigen Nachmittag. Keine Hoffnung? Keine Perspektive? Kein Mut? Kein Wille? Wie ratlos mögen Hinterbliebene sein, wenn ich es schon bin.
Gen Heimat. Ein ICE im Sperrholz-Bambus-Look. Mutet irgendwie indisch an.
Wenn jetzt noch ein Weiß gewandeter Turbanträger Tee anböte …
ein rascher Blick aus dem Fenster:
Sorry, der musste sein; so sieht’s in Wirklichkeit aus (auch nicht schlecht), Kali-Abbau:
Das unbestimmte Gefühl, im falschen Zug zu sitzen beschleicht mich. Es verstärkt sich, als den Kindern nebenan von ihrem Vater erklärt wird, man steige in Nürnberg um. Nürnberg? Ich gehe immer noch davon aus, dass dieses Plüschmonster nach Frankfurt (M) Flughafen Fernbahnhof fährt.
Der Protzbau der EZB in Frankfurt signalisiert mir, dass die Richtung, meine Richtung, stimmt. Der Vater mit seinen Kurzen hat offenbar über die Äpp gebucht.
Pünktlich in Frankfurt, ebenso der Anschlusszug dort und in Köln. Pünktliche Ankunft in der Stadt mit den zwei Hauptbahnhöfen. Bequemes Reisen, ein schöner Tag mit der Bahn; wären da nicht das Bild mit der leeren Krankentrage und die Gedanken an den Menschen im Gleis von Bahnsteig 6 in Fulda.*
*Nachtrag: Es war ein 67jähriger, der sich vermutlich in suizidärer Absicht vor den einrollenden Zug gestürzt hat. Wegen der geringen Geschwindigkeit des ICE wurde er nur leicht verletzt. Nachdem der Lokführer ausgetauscht worden war, setzte der Zug seine Fahrt fort.